Samstag, 28. November 2015

OECD und IS

Wie Herr Todenhöfer in Interviews mit deutschen Vertretern des
IS feststellen konnte, haben diese Leute eine klare Vorstellung
von ihren Zielen: die Unterwerfung der ganzen Welt und die
Vernichtung der Ungläubigen.

Das Lob der OECD für die deutsche Bildungspolitik der letzten Jahre
klingt in meinen Ohren etwa so, als würde der IS im Jahre 2037 die
Abschaffung des Grundgesetzes und die Einführung der Scharia
als Meilenstein auf dem Fortschritt in das Reich Gottes auf
Erden bezeichnen. Die OECD gehört zu denjenigen Organisationen,
die eigentlich in Sachen Bildung gar nichts zu sagen haben, es
aber doch irgendwie geschafft haben, Einfluss auf die deutsche
Bildungspolitik zu nehmen und so das hervorragend funktionierende
dreigliedrige Schulsystem und die universitären Diplomstudiengänge
zu zerschlagen und durch etwas zu ersetzen, das mit Bildung nichts,
aber auch gar nichts mehr zu tun hat.

Im Gegensatz zu den Vertretern des IS weiß Stefan Kapferer,
stellvertretender Generalsekretär der OECD, was ein Argument ist:

 Sie können in den PISA-Zahlen ganz deutlich messen, dass bereits 
 ein Jahr frühkindliche Bildung nachher die Ergebnisse im PISA-Test 
 deutlich verbessert. 

Es ist erstauntlich, was empirische Bildungsforscher in diesen Tagen
aus PISA-Zahlen alles herauslesen (um nicht zu sagen: messen) können.
Die Behauptung, dass "Sie" (also wir) das auch können, erinnert an
die heutigen Lehrpläne, in denen nicht mehr steht, was Kinder heutzutage
lernen sollen, sondern was sie alles können. Hat die OECD vielleicht
große Gruppen von Schülern unterteilt in solche mit und solche ohne
frühkindliche Bildung und dann festgestellt, dass die einen bei
PISA-Tests besser abschneiden als die anderen? In diesem Falle
wäre der Schluss das, was man in der Logik als den Fehlschluss
"post hoc propter hoc" bezeichnet: weil A nach B passiert, muss B
die Ursache von A sein. Allerdings steht zu befürchten, dass es
solche Zahlen gar nicht gibt und dass das besagte Herauslesen eine
Art Kaffeesatzlesen ist, das noch nicht einmal die Bezeichnung
Fehlschluss verdient.

  "Deutschland hat die höchste Zeit von Studierenden prozentual die 
   ein Bachelorstudium im naturwissenschaftlichen Bereich aufnehmen. 
   Das ist glaube ich eine sehr gute Tatsache."

Das glaube ich gerne. Noch glaubhafter wäre es, würde ich das von
jemandem hören, der von Grammatik und Zeichensetzung etwas mehr
versteht als jemand, der Deutsch mit Anlauttabellen gelernt hat.

   Die hohen Abbrecherquoten zu senken, stelle eine der Herausforderung 
   für die Zukunft dar, erklärte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka.

Ich bin vermutlich nicht der einzige, der ahnt, wie die Senkung
der Abbrecherquoten erreicht werden wird: sicherlich nicht dadurch,
dass man das Niveau des Abiturs wieder anhebt. Dass selbst der
durchschnittliche Leser des Spon mehr Sachverstand zeigt als Herr
Kapferer lässt tief blicken.

  Erst gestern hatte eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft 
  gezeigt, dass sich die Zahl der unbesetzten Lehrstellen seit 2005 
  verdreifacht hat. 

Selbst schuld, kann man da nur sagen: mit etwas Lobbyarbeit hätten die
Ausbildungsbetriebe halt dafür sorgen müssen, dass man Klempner, Bäcker
und Mechatroniker jetzt als bachelor an der Uni studieren kann. Und
hätte man dafür gekämpft, dass ein Hauptschulabschluss zu einem
Hochschulstudium berechtigt, dann gäbe es die Hauptschule vielleicht
heute noch, und die OECD könnte uns dafür loben, dass wir einen
Akademikerschnitt von über 99% haben. Mit andern Worten: wir
würden im bildungs- und wirtschaftspolitischen Paradies der OECD leben,
in dem alle Probleme der Vergangenheit angehören, und das vermutlich
ähnlich gut funktionieren würde wie das Paradies, das uns der IS
verspricht.

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